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Carnival Row - Eine Review zur Serie

Carnival Row - Eine Review zur Serie

Im Februar 2023 wurden die ersten Folgen der zweiten und damit finalen Staffel der Amazon Prime Original Serie Carnival Row erstmals ausgestrahlt. Nach über 3 Jahren wurde damit die außergewöhnliche Fantasy, Neo-Noir und Steampunk Serie mit Orlando Bloom und Cara Delevingne in den Hauptrollen fortgesetzt, die 2019 ihren Anfang nahm. Ich habe mich durch die erste Staffel durchgesuchtet (mehrfach), doch die 2. Staffel scheute ich mich lange Zeit zu Ende zu sehen, bis jetzt. Der Grund war übrigens nicht, weil die Serie so schlecht wurde oder mich abschreckte - es war mehr, etwas in mir wollte es nicht beenden, es nicht enden lassen. Man wusste ja leider, dass es definitiv keine 3. Staffel geben wird. Aber wie würde es enden? Offen mit einem Cliffhanger? Mit einem Ende, das in einer Tragödie mündet? In einem Happy End? Im Grunde wäre alles möglich gewesen, nur war es schwer vorstellbar, ein zufriedenstellendes Ende zu bekommen. Und ich hoffe, es ist kein Spoiler, wenn ich sage, letztlich wurde es alles 3 zusammen. Aber hat es mich zufriedengestellt? Wie gefiel mir die Serie abschließend als Ganzes betrachtet? Das versuche ich euch in diesem Review-Artikel zu erzählen. 

Zuerst: Was ist Carnival Row überhaupt?

Nun... im Grunde ist es eine Mischung aus Gangs of New York, The Witcher und vllt. ein klein wenig Arcane. Eine Fantasy-Welt im Stil des viktorianischen Zeitalters mit Steampunk-Elementen ala Arcane. Eine Welt, in der Menschen auf allerlei verschiedene Fabelwesen treffen und diese beiden Spezies versuchen müssen, miteinander klarzukommen. Das klappt natürlich eher “minderprächtig”.

Die Serie Carnival Row basiert, anders als viele aktuelle Fantasyserien mal nicht auf einer Romanvorlage, sondern auf einem Drehbuch mit dem Titel “A Killing on Carnival Row” von Travis Beacham, das 2005 ursprünglich für Guillermo del Toro geschrieben wurde. Guillermo del Toro verließ aber das Projekt, vielleicht weil es sich doch etwas länger hinzog und del Toros Terminkalender reich gefüllt war, z.B. mit “Pans Labyrinth” (2006) und “Hellboy 2: Die goldene Armee” (2008) bzw. als es mit Carnival Row in die heiße Phase ging, mit “Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” (2017). Von den Einflüssen des bekannten Stils von Guillermo del Toro ist in der Serie zwar nichts mehr zu merken, aber das ist auch gar nicht schlimm. Es ist etwas Eigenes geworden. 

Carnival Row ist eine Mischung aus verschiedenen Film-Stilrichtungen zum einen, aber auch mehreren verschiedenen Handlungssträngen, fast schon eigenen kleinen, parallel laufenden Geschichten zum anderen. Dazu kommt die ungewöhnliche Welt, in der die verschiedenen Geschichten spielen, die alle mehr oder minder zusammenhängen. 

Die Welt von Carnival Row

Menschen hielten Feenwesen immer für einen Mythos, bis sie auf einen Kontinent stießen, der von ihnen bevölkert wurde. Wie das für Menschen so üblich ist, entdecken sie dort Schätze, die sie sich aneignen wollen und fangen natürlich einen Krieg mit den Feeischen an. Und auch üblich für Menschen - selbstverständlich können sich nicht mal die Menschen einig werden, nein, es müssen sich auch da 2 Fraktionen bilden, die sich zusätzlich um das Land und ihre Schätze bekriegen. Zeitweise verbündeten sich deshalb eine Menschenfraktion (die “Republik Burgue”) mit den Feeischen in deren eigenen Land Tirnanoc gegen die andere Menschenfraktion (“der Pakt”), die sich die Kraft von manchen “Fabelwesen” zu eigen machte, z.B. Werwölfe. Während sich die “Republik Burgue” irgendwann aus Tirnanoc zurückzog, wütet der Pakt auch 7 Jahre nach dem sog. “Großen Krieg in dem Land der Feeischen und schlachtet sie systematisch ab. 

Einige Feenwesen konnten sich in die “Republik Burgue” und speziell in dessen Hauptstadt “The Burgue” flüchten, in der sie im Viertel “Carnival Row” als mindere Bedienstete, Sklaven aber auch Prostituierte leben. Menschen schauen wie üblich auf das andersartige Volk herab. Rassenhass ist deutlich spürbar. Und in dieser Welt starten wir.

Die Charaktere in Carnival Row

Wir verfolgen die Geschichte eines menschlichen Inspector der Polizei, der einen gruseligen Fall eines Serienmörders untersucht. Jemand fängt nämlich an, Feeische auf bestialische Weise zu töten, und alles deutet darauf hin, dass es weder Mensch noch Feenwesen war. Der ganze Fall und das Setting ist ein wenig an “Jack the Ripper” angelehnt. Natürlich interessiert sich die menschliche Polizei nicht sonderlich für den Fall, bis auf diesen einen Inspector (Rycroft Philostrate, kurz "Philo", gespielt von Orlando Bloom), der als Mittler zwischen beiden Lagern fungiert, denn er kämpfte einst Seite an Seite mit dem Feenvolk in Tirnanoc. Er ist eine der beiden Hauptfiguren der Serie. Während er den Fall bearbeitet, deckt er nach und nach eine gut gehütete Verschwörung auf. 

Die andere Hauptfigur ist eine Fee - auch Pix genannt - die ebenfalls im Großen Krieg kämpfte, Seite an Seite mit den Menschen gegen den Pakt (Vignette Stonemoss, gespielt von Cara Delevingne). Genauer gesagt an Philos Seite, denn die zwei verliebten sich in Mitten des Krieges und verloren sich dann aus den Augen. Weshalb sie annahm, er sei gefallen. Sie blieb deshalb auch nach dem Krieg in Tirnanoc und versuchte ihrem Volk zu helfen, wo sie nur konnte, bis sie in einen Hinterhalt des Pakts gelockt wurde und ihr nichts anderes übrig blieb, als mit einem Schiff zu fliehen - in die Burgue.

Eine weitere wichtige Figur mit einem eigenen Handlungsstrang wäre eine weitere sog. weibliche “Pix” (Fee), die aus Tirnanoc geflohen ist und sich jetzt in der Burgue im Viertel “Carnival Row” als Prostituierte ihren Unterhalt verdient (Tourmaline Larou, gespielt von Karla Crome). Sie und Vignette verbindet mehr als nur eine tiefe Freundschaft.

Aber natürlich sind damit nicht alle Handlungsstränge abgegrast, nein, weitere wären u.a. ein reicher, verwöhnter Sohn eines hochrangigen Politikers, der gerne die Bordelle der “Pix” aufsucht oder ein Schausteller, der mit kleinen Kobolden Theaterstücke auf den Straßen der Burgue aufführt. Menschliche Großerben eines nicht unerheblichen Vermögens und eines Anwesens, Bruder und Schwester, die aber durch unglückliche Umstände in Schulden versinken und sich um Investoren bemühen müssen. Ein sog. “Puck” (ein Faun), der es aus irgendwelchen Gründen zu einem großen Vermögen und einem Stand den Menschen gleich brachte, was für reichlich Zündstoff in der “Highsociety” der Stadt Burgue sorgt. Oder ein Veteran des Großen Krieges, der leider von einem Werwolf des Pakts gebissen wurde,  deshalb nun selbst in Vollmondnächten zum bissigen Fellträger mutiert und seit Ende des Krieges (also 7 Jahren) in einer Gefängniszelle sein Dasein fristet. Um nur einige Figuren zu nennen, die alle in der ersten Staffel recht früh eingeführt werden und ohne die Handlung zu spoilern.

Ihr merkt schon, wir lernen in dieser Serie sehr viele verschiedene Charaktere kennen, ihre Geschichte, ihre Beweggründe, Motivationen und Ziele. Denn jeder hat seine ganz eigene Agenda für alles. Und jeder Charakter macht seine ganz eigene Entwicklung durch. Keiner der genannten Figuren bleibt in seiner Entwicklung da stehen, wo er in der Geschichte begonnen hat. Was bemerkenswert ist: Auch wenn es nur insgesamt 2 Staffeln und 18 Folgen sind, erfährt man von den einzelnen Figuren genug, um sie verstehen und mit ihnen mitfühlen zu können. Sie erhalten alle ausreichend “Platz”, um sich entfalten zu können. Es ist einfach gut geschrieben. Aber auch die Schauspieler*innen machen ihre Sache wirklich sehr gut, was durchaus auch daran liegt, dass selbst einige der Nebendarsteller keine unbeschriebenen Blätter sind. Simon McBurney z.B. kennt man noch aus “Mission: Impossible - Rogue Nation” oder “Die Entdeckung der Unendlichkeit”. Indira Varma kennen wir noch aus Game of Thrones. Jared Harris kennen wir sicher auch noch aus “The Expanse” oder jetzt neu aus “Foundation”. Aber auch die anderen Schauspieler*innen, die mir wenigstens noch in keinem anderen Werk aufgefallen wären, glänzen hier absolut und können das Gewicht ihrer jeweiligen Handlungsstränge mehr als gut tragen. Das Set-Design, Kostüme und allgemeine Ausstattung ist für so eine Serie auch sehr gut gelungen. Auch die Effekte wie z.B. CGI, die recht sparsam zum Einsatz kommen, können sich auch sehen lassen. Ist jetzt zwar nichts, was einen vom Hocker hauen würde, aber war wirklich ok.

Wie würde ich Carnival Row denn nun eigentlich bewerten?

Die Staffeln können jeweils als abgeschlossene eigene Handlung gewertet werden - so eine Art “Monster pro Staffel” Konzept, wobei es trotzdem noch einen übergeordneten roten Faden gibt bzw. eine “Gesamthandlung” in die sich beide Staffeln einfügen. Das kann gefallen, oder auch nicht. Es ist nicht ganz so nahtlos wie beispielsweise bei Game of Thrones. Ein wenig merkt man, dass man sich noch schnell was aus dem Ärmel schütteln musste für Staffel 2, was aber trotzdem gut in die Welt und die Geschichte passt und sie gut weiterführen kann. Deshalb störte mich das weniger. Außerdem fand ich das Monsterdesign hätte auch von Lovecraft stammen können, was durchaus positiv gemeint ist.

In Staffel 1 sind etwas weniger “Gegenspieler” als in Staffel 2. Hier wollte man offensichtlich alles etwas mehr und größer aufblasen - eben die erste Staffel irgendwie übertrumpfen. In vielen Handlungssträngen gelang es auch, wie ich finde. Aber vielleicht war es hier und da etwas viel. Auch manche “Charakterentwicklungen” gehen letztlich dann am Ende der Geschichte unter, weil sie einfach null Relevanz haben. Das fiel mir vor allem bei “Philo” auf. Da wurde sich in Staffel 2 viel Zeit genommen, sein geistiges Innenleben zu erforschen, aber man machte letztlich dann gar nicht wirklich was draus. Er entscheidet sich deshalb nicht anders oder verhält sich anders, als er es vorher getan hätte. Das ist etwas schade. Andere Charakterentwicklungen sind dafür aber überaus gut gelungen und überraschen auch mitunter. Ich nenne hier keine Namen, damit ich nicht versehentlich etwas spoilere. Was ich auch gut fand: Man erfährt in Staffel 2 viel mehr über die politische Lage, die verschiedenen Fraktionen, deren Machtverhältnisse und wie sie ihre Machtpositionen halten oder ausbauen wollen etc. In Staffel 1 ist der Fokus deutlicher auf die beiden Hauptfiguren und deren Geschichte gelegt, auch wenn selbstverständlich viele Nebenstränge ausgebaut werden und deren Figuren sich trotzdem entfalten und entwickeln können.

Alles in allem finde ich, erhält man eine solide, spannende und mitreißende Fantasy-Horror-Steampunk Story, in der auch Liebesgeschichten Platz finden, ohne aufgesetzt zu wirken. Man leidet mit, fiebert mit, freut sich mit (wenn auch selten). Die Handlung und Charaktere sind einfach gut geschrieben, so dass sie emotional greifbar und nachvollziehbar sind. Sogar Magie und Übernatürliches werden gut eingeflochten und erklärt, ohne als Fremdkörper wahrgenommen zu werden. Ich kann die Serie definitiv weiterempfehlen.

 

Bildquellen: 

Meine abschließende Wertung in den einzelnen Bereichen

Handlung
8
Schauspielerische Leistung/Charaktere
10
Drehbuch & Dialoge
8
Kamera & Effekte
7
Erwartungen erfüllt
8
Nerderlei Wertungs-Robbie ND-42-RE Zahlenblock-Scheibe
%
Nerderlei Wertungs-Robbie ND-42-RE Zahlenblock
Nerderleis Wertungs-Droide ND-42-RE für Wertungen zwischen 80% und 100%

Gesamtwertung

DANKSAGUNG

Ein besonderer Dank geht an meine Freundin Nastja (auf Twitter bekannt als @Nastja_the_Mox), die mir mit Rat und Tat bei dieser Review beigestanden ist. Vielen Dank, meine Schöne!

Wer ist Nastja?

Findet es heraus und besucht sie auf ihrem Blog, auf dem Sie u.a. Literaturrezensionen und verdammt gut geschriebene Kurzgeschichten (Fanfiction) im Cyberpunk 2077 Universum veröffentlicht. Auch immer zu empfehlen: Folgt ihr unbedingt auf Twitter (X)! Ihr Kanal strotzt vor Originalität und Kreativität und wird euch sicher bestens unterhalten können. Schaut bei ihr vorbei.

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